Mit den Bewohner*innen wachsen

Vom ersten Tag an als das Wohnhaus Hofkirchen in Betrieb ging, war Brigitte Trögl dort als Mitarbeiterin tätig. Nach über 22 Jahren bei der Lebenshilfe OÖ ging sie in Pension und beglückwünscht sich noch heute zu ihrer Berufswahl. Dabei wollte die Quer­einsteigerin nie in diesem Bereich arbeiten.

„Wir hatten so viel Spaß im Wohnhaus. In keinem anderen Beruf wird so viel gelacht“, blickt Brigitte Trögl auf ihr Arbeitsleben bei der Lebenshilfe OÖ zurück. Was sie im neuen Lebensabschnitt in der Pension vermisst: „Die Gaudi, das Lachen, den Sarkasmus der Bewohner*innen.“ 

Sie habe Glück gehabt, erzählt Brigitte Trögl von der Stelle in der Krankenhausapotheke, auf die sie als ausgebildete pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte gewartet habe. Der Job im Lebenshilfe-Wohnhaus war nur als Zwischenlösung geplant. Nicht zuletzt aufgrund der guten Chemie zur damaligen Wohnhausleiterin ist sie geblieben, hat die Ausbildung zur Behindertenbetreuerin absolviert. Anlässlich eines Klassentreffens habe sie sich wieder einmal zur Berufswahl beglückwünscht: „Andere müssen täglich vorm Computer sitzen, Umsätze erreichen oder haben Stress im Einzelhandel. Vom Computer kommt nichts zurück. Von unseren Leuten schon und man kann von ihnen so viel lernen – neue Sichtweisen auf das Leben etwa. Es war so ein schöner Lebensabschnitt!“

Umfangreiches Bestätigungsfeld

„Der Beruf bringt agogisches Arbeiten mit den Bewohner*innen mit sich, aber auch Haushaltsführung, Kochen, Einkaufen, Gartenarbeit, Freizeitgestaltung. Wir haben eine Küche geplant, Zimmer gestaltet und sind auf Ausflüge und Urlaube gefahren. Das Betätigungsfeld Wohnhausmitarbeiterin ist ein Wahnsinn“, schwärmt Brigitte Trögl. Dazu kommt das breit aufgestellte Wissensfeld der Lebenshilfe als Organisation und die bereichernde Zusammenarbeit mit Fachkräften der Landesleitung, der nahegelegenen Lebenshilfe-Werkstätte und der Austausch mit Angehörigen. 

Neben der Abwechslung sei die Arbeit mit Menschen ein großer Pluspunkt: „Wo kann man das schon, so in ein anderes Leben hineinschauen? Bewohner Bernhard Quereser war 19, als er eingezogen ist, jetzt ist er über 40. Wir sind gemeinsam alt geworden“, nennt sie ein Beispiel und erinnert sich an unzählige besondere Momente, die sie mit den Bewohner*innen erlebt hat. Dazu gehören Freude und Glücksmomente ebenso wie Trauer, wie etwa bei Begräbnissen von Angehörigen, die sie gemeinsam mit den Bewohner*innen durchgestanden hat.

Probleme mit Kochlöffel bekämpfen

Kochen war eine von Brigitte Trögls Lieblingsbeschäftigungen im Wohnhaus. Sie schwört auf die Haptik und Sensorik beim Umgang mit Lebensmitteln, auf die Magie des Miteinanders, die Selbstbestimmung beim Essen Abschmecken. In der Küche rücken Bewohner*innen zusammen, arbeiten Hand in Hand und auch so manchen Zivildiener habe sie Grundkenntnisse in der Küche vermittelt, schmunzelt sie.

Bei so viel Schwärmerei: Was waren die größten Herausforderungen und weniger schönen Momente? „Die Coronazeit, das „Eingesperrtsein“, das den Bewohner*innen aufs Gemüt geschlagen hat, das Tragen der Maske. Langwierige Arztbesuche, gesundheitliche Probleme der Bewohner*innen und nicht zuletzt Jammerkollegen, die immer nur das Negative sehen.“

Stolzer Rückblick

„Ich bin stolz, dass ich bei der Lebenshilfe gearbeitet habe“, sagt Brigitte Trögl. Sie habe das Gefühl, in ihrem Berufsleben etwas bewegt zu haben. Manchmal sei sie auch angeeckt, verrät Brigitte Trögl – denn ihr Herz trage sie auf der Zunge. „Mit etwas Abstand verblassen unangenehme Situationen, die schönen Erinnerungen und das Miteinander mit Bewohner*innen und Kolleg*innen bleiben. Es ist ein schönes Gefühl, so glücklich und zufrieden auf sein Berufsleben zurückblicken zu können.“

Mit den Bewohner*innen wachsen

Brigitte Trögl mit Bewohnerin

18.4.2024